Schriftformverstoß auch bei unerheblicher Mieterhöhung

BGH, Urteil vom 25.11.2015 – XII ZR 114/14
Gewerberaummietrecht

Sachverhalt:

Die Mieter hatten im Jahre 2001 Räume für den Betrieb einer Zahnarztpraxis angemietet. Die Räume befanden sich ausschließlich im Erdgeschoß. Anfang Mai 2005 schlossen die Mieter mit dem Vermieter einen neuen Mietvertrag, welcher sich auch auf Räume im ersten Obergeschoß bezog. Als Vertragsende war der 30.04.2020 vereinbart, als monatliche Miete ein Betrag von 1.350 €. Knapp acht Monate nach Vertragsschluss vereinbarte der Mieter mit dem Vermieter mündlich, dass die monatliche Miete ab 01.01.2006 um 20 € auf 1.370 € erhöht werde und vermerkte dies auf dem Mietvertragsexemplar.

Mit Schreiben vom 26.10.2013 kündigten die Mieter das Mietverhältnis zum 31.07.2014 aus wichtigem Grund, weil die Räume nicht mehr den gestiegenen Anforderungen an den Platzbedarf der Praxis und an die Einhaltung von Hygienevorgaben entsprächen. Später kündigten die Mieter noch ordentlich unter Berufung auf einen Schriftformverstoß, da die Erhöhung der Miete um 20 € nicht in einem schriftlichen Nachtrag festgehalten wurde. Die Mieter haben Klage erhoben, mit welcher das Gericht die Beendigung des Mietverhältnisses feststellen sollte.

Entscheidung:

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen, jedoch ausgeführt, dass die von §§ 578 Abs. 1 und 2, 550 BGB geforderte Schriftform nur gewahrt ist, wenn sich die für den Abschluss des Vertrags notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere über den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses, aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt. Die Änderung der Miethöhe stellt stets eine wesentliche dem Formzwang des § 550 Satz 1 BGB unterfallende Vertragsänderung dar.

Der BGH geht entgegen der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass eine nachträgliche dauerhafte Änderung der Miete stets und unabhängig von ihrer Höhe wesentlich ist und es keiner Überschreitung einer Erheblichkeitsgrenze bedarf. Der BGH begründet dies damit, dass sich etwa die Nichtzahlung selbst eines vergleichsweise geringfügigen Erhöhungsbetrags bei einem langfristigen Mietvertrag nicht nur aufsummieren und gegebenenfalls zu einem für eine Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr.3 lit.b BGB ausreichenden Rückstand führen kann. Vielmehr kann der Verzug mit auch nur einem solchen Erhöhungsbetrag im Zusammenspiel mit anderweitigen Zahlungsrückständen des Mieters dazu führen, dass ein wichtiger Grund i.S.d. § 543 Abs. Satz Nr. 3 BGB zu bejahen ist. Außerdem ist es nicht möglich eine feste Prozentgröße festzulegen, bis zu der eine Mietänderung nicht wesentlich ist. Das Gebot der Rechtssicherheit spricht gegen die Annahme einer Erheblichkeitsgrenze.

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